Sufizentrum Braunschweig
  Friedrich Rückert
 


Friedrich Rückert



„Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Sprich: Gott ist Einer,
Ein ewig reiner,
hat nicht gezeugt und ihn gezeugt hat keiner,
und nicht ihm gleich ist einer.“

Koran, Sure 112 al-Ikhlas: Übersetzung von Friedrich Rückert


Friedrich Rückert geboren am 16. Mai 1788 in Schweinfurt; gestorben am 31. Januar 1866 in Neuses bei Coburg; Pseudonym Freimund Reimar) war deutscher Dichter, Übersetzer und einer der Begründer der deutschen Orientalistik.
Neben Heine und Goethe war auch Friedrich Rückert ein deutscher Sufi-Ethiker. Als Übersetzer von Gedichten widmete sich Rückert der Übertragung ungezählter Sufi-Verse in die deutsche Dichtersprache. Im gleichen Jahr, da Goethe seinen West-östlichen Diwan zusammenstellte, also 1818, kam der beredte junge Dichter nach Wien und begann dort orientalische Sprachen zu studieren.
Mit seiner „zweifachen Begabung, der dichterischen und der philologischen“, hatte Rückert die arabische und persische Poesie, vornehmlich die der islamischen Mystik, erstaunlich korrekt übersetzt. Er hatte sich die möglichst getreue Bewahrung poetischer Formen zum Ziele gesetzt. Dadurch gerieten seine Übersetzungen zu Versen von kaum überbietbarer, unvergänglicher Schönheit.
Trotz der diversen Veröffentlichungen Rückerts, die mehr als hunderttausend Verse umfassen, lässt sich aus gutem Grund behaupten, dass Rückerts Ruhm in erster Linie auf den gekonnten Nachdichtungen und meisterlichen Nachempfindungen seiner Sufi - Dichtungen aus dem Persischen beruhte.
1820 veröffentlichte Rückert eine kleine Sammlung von 44 Ghaselen unter dem Namen Maulana Dschelaluddin Rumi "Siehe Rumi"s, die jedoch keine Übersetzungen Rumis im echten Sinne waren. Drei Jahre später veröffentlichte er seine Östlichen Rosen, eine Anthologie von Gedichten, die nun von Hafis inspiriert war, demselben Dichter mystischer Seele und Zunge, dem bereits Goethe („Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe“) dichterisch verfallen war, und später auch Nietzsche („Bist aller Trunkenen Trunkenheit“) verfallen sollte.
Gerade „Hafis wurde für Friedrich Rückert der treue Weggefährte, an dessen Versen er sich bis in sein Alter hinein nicht satt lesen konnte».
Wichtiger noch für Rückert war Rumi. Ihn preist er immer wieder. In ihm findet Friedrich Rückert sein operatives Vorbild: „Dschellaleddin. Im Osten warst du der Salbenhändler. Ich habe nun die Bude im Westen aufgeschlagen. “ Der Sinn dieses Verses ist klar: Durch seine Poesie wollte Friedrich Rückert seinen Lesern eine deutsche Variante klassischer Sufi bieten und diese in die Welt des Sufitums einführen.
Bewunderungswürdig ist, wie Rückert die sufische Lehre von der Einheit in der Vielfalt und zugleich ihren Konterpart von der Vielheit in der Einheit gleich seinem persischen Vorgänger dichterisch meistert. Man könnte sein Gedicht vom „Zauberkreis» durchaus als ein Sufi-Poem aus Deutschland bezeichnen.
Neben den oben erwähnten Werken publizierte Friedrich Rückert auch Teile der in Saadis Rosengarten(„Gülistan“) enthaltenen Gedichte und übersetzte Ghaselen von Dschami sowie Bruchstücke aus den epischen Dichtungen des Sufi-Dichters Nesemi. Beinahe schon natürlich bei einem begeisterten Gelehrten, der vierzig Sprachen sprach.
Als Reminiszenz an Goethe, aber lange vor  einer Vielzahl anderer deutscher Dichter (wie beispielsweise Meyrink), hatte Friedrich Rückert al-Chidr (alias Chidher), den unsichtbaren Heiligen der Sufis  besungen:


Chidher, der ewig junge, sprach:  
‘Ich fuhr an einer Stadt vorbei,  
Ein Mann im Garten Früchte brach;  
Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?'  
Er sprach und pflückte die Früchte fort:  
‘Die Stadt steht ewig an diesem Ort  
Und wird so stehen ewig fort.'  
Und aber nach fünfhundert Jahren  
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich keine Spur der Stadt;  
Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,  
Die Herde weidete Laub und Blatt;  
Ich fragte: ‘Wie lang' ist die Stadt vorbei?'  
Er sprach und blies auf dem Rohre fort:  
‘Das eine wächst, wenn das andre dorrt;  
Das ist mein ewiger Weideort.'  
Und aber nach fünfhundert Jahren  
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,  
Ein Schiffer warf die Netze frei;  
Und als er ruhte vom schweren Zug,  
Fragt' ich, seit wann das Meer hier sei?  
Er sprach und lachte meinem Wort:  
‘So lang' als schäumen die Wellen dort,  
Fischt man und fischt man in diesem Port.'  
Und aber nach fünfhundert Jahren  
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich einen waldigen Raum
Und einen Mann in der Siedelei,  
Er fällte mit der Axt den Baum;  
Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?  
Er sprach: ‘Der Wald ist ein ewiger Hort;  
Schon ewig wohn' ich an diesem Ort,  
Und ewig wachsen die Bäum' hier fort.'  
Und aber nach fünfhundert Jahren  
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich eine Stadt, und laut
Erschallte der Markt vom Volksgeschrei.  
Ich fragte: ‘Seit wann ist die Stadt erbaut?  
Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?'  
Sie schrien und hörten nicht mein Wort:  
‘So ging es ewig an diesem Ort  
Und wird so gehen ewig fort.'  
Und aber nach fünfhundert Jahren  
Will ich desselbigen Weges fahren.

Guten Gewissens lässt sich sagen, dass Friedrich Rückert zu jenen deutschsprachigen Dichter gehörte, die, im Gefolge von Rumi und Hafis, ihr „Beseligtsein von der Gottesinnigkeit“ mit einem durchaus bewussten ethischen Auftrag verbanden. Ganz im Sinne einer beschwingenden Versübersetzung Rückerts von Saadi: „Vorzüge sind verloren,/ Wenn sie verborgen bleiben;/ Anzünden muß man Aloe/ Und Moschus verreiben.


Spruch

Wenn es dir übel geht,
Nimm es für gut nur immer,
Denn wenn du's übel nimmst,
So wird es nur noch schlimmer.

Und tut ein Freund dir weh,
Verzeih's ihm und versteh,
Es ist ihm selbst nicht wohl,
Sonst tät er dir nicht weh.

Doch wenn dich Liebe kränkt,
Sei dir's zu Lieb' ein Sporn,
Daß du die Rose hast,
Das fühlst du auch am Dorn.

Lebensglück


Sei unbetört und unverstört!
Was zu des Lebens Glück gehört,
Hat dir ein Gott gegeben;
Und was er dir nicht gab, gehört,
O glaube es, nicht zum Leben.

Was du nicht hast, das ist die Last,
Die du nicht aufgeladen hast;
Du hast die Lust am Leben.
Sei unverstört und unbetört!
Was zu des Lebens Lust gehört,
Das hat dir Gott gegeben.


1.) Sheikh Hussein Abdal-Fattah
2.) Wikepedia
 
  Gesamt: 1163426 Besucher